Die Berliner Sparkasse ist traurig, dass Geschlecht keine Diskriminierung rechtfertigt

Wer sexistische Werbung machen will, hat eine Reihe an Möglichkeiten, ins Klo zu greifen. Die Berliner Sparkasse schafft es angesichts der „drohenden“ Unisex-Tarife von Rentenversicherungen ab Dezember.

Ein weißes Plakat mit roter Schrift ACHTUNG GLEICHBERECHTIGUNG! und darunter in blau JUNGS HALTET DEN KLEINEN UNTERSCHIED FEST! Daneben eine weiße schlankge Frau in grauer Retro-Unterwäsche
Bild mit freundlicher Genehmigung von @Milenskaya

Womit auch besser eine Rentenversicherung verkaufen, als mit einem Pin Up-Bildchen? Und dann in großen roten Buchstaben ACHTUNG GLEICHBERECHTIGUNG!!! Mit drei Ausrufezeichen! Zwei mehr und die Mütze wäre eine Unterhose. Darunter warnt die Sparkasse dann freundlicherweise „Männer werden ab dem 21.12. wie Frauen behandelt.“ Oh weh die modernen Zeiten, in denen Menschen nicht mehr aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden dürfen.

Und was hat es mit dem „Jungs, haltet den kleinen Unterschied fest“ auf sich? Eine äußerst unsubtile Aufforderung, den Penis in die Hand zu nehmen, angesichts der knapp bekleideten Frau, wie @clarityandchaos spekuliert? Kann das noch als ironischer Sexismus durchgehen oder muss da nicht dem Letzten klar werden, dass Bindestrich-Sexismus, ob Ironie oder Retro, immer noch Sexismus ist?

Die Berliner Sparkasse freut sich übrigens über Feedback auf diversen Kanälen, per Twitter @BerlinerSPK oder Facebook. Hier geht es direkt zum Beschwerdeformular des Deutschen Werberats. Was derzeit wieder fehlt: Ein Hatr/Watchblog für Werbung, so wie die Werbewatchgroup Wien.

22 Kommentare zu „Die Berliner Sparkasse ist traurig, dass Geschlecht keine Diskriminierung rechtfertigt

  1. Also, das ist ja geradezu ekelhafter Sexismus. Ich denke, „der kleine Unterschied“ hat mit dem gleichnamigen Buch Alice Schwarzers zu tun.

  2. Ab dem 21.12 werden also „Männer wie Frauen behandelt“ – „Achtung Gleichberechtigung“? Verbirgt sich dahinter der Ablehnung der Gleichberechtigung die Urangst, selbst so behandelt zu werden wie Frauen ohnehin schon? Oder überinterpretiere ich diesen aussagekräftigen Erguss von schmierigem Sexismus?

  3. Boaah ist das ätzend, wir haben gerade wieder einen Aufschwung an sexistischer Werbung und deren Verharmlosung. Das es in Deutschland keine Watchgroup gibt, ärgert mich auch jedes Mal bei Betrachtung soner Werbung. Der Werberat reagiert in letzter Zeit eher mau auf Beschwerden. Ich habe vor kurzem angefangen die Muster-Katergorien (für die Art udn Benennung der sexistischen Werbung) von watchgroup in eine Form zu packen, damit frau gleich ne Vorlage zur Verfügung hat. Wenn ich damit mal fertig werde, stelle ich es gern zur Verfügung.

  4. Da hat man(n) es sich sehr einfach gemacht. Das Spiel mit den Rollenklischees ist ja zur Zeit angesagt. Gerade in diesem Bereich finde ich so eine Werbung allerdings nicht angebracht, denn Frauen verdienen noch immer weniger als Männer und bekommen in der Regel später auch eine geringere Rente. In der privaten Vorsorge werden die Frauen dafür bisher doppelt belastet, denn weil sie länger leben, zahlen sie höhere Beiträge und das bei weniger Einkomen.

  5. „Achtung Gleichberechtigung!“ Mit einem roten Warnschild geziert?? WtF?
    Wäre soviel sexistische Kackscheiße für Sparkassenkunden nicht Grund genug, die Bank zu wechseln?

  6. Die Sparkasse macht sich momentan echt „sehr beliebt“.
    Ähnliches läuft gerade in Rosenheim. Da ist gerade Herbstfest (wie Oktoberfest nur kleiner), und was sieht man auf den Werbeplakaten?! Einen Dirndl-Ausschnitt mit Maßkrug in der Hand. Was hat das mit einer Bank zu tun?!

  7. Vielleicht wollte die Agentur (Ist es „Graco“ Berlin?) sich damit um den größeren Etat bei Kristina Schröder zur Vermarktung der Flexi-Quote bewerben?

    Scherz beiseite: Warum fragt man bei solchen gezielten Werbeentgleisungen eigentlich primär nach den Auftraggebern und nicht genauso nach den Auftragnehmern? Wurde meines Wissens bei der Werbeentgleisung der Sportschau auch nicht getan. Die Agenturszene arbeitet bei der Kommunikation ganz intensiv mit den unbewußten wie bewußten sozialen Habitus – auch mit Geschlechterhabitus, die ihre Kunden, deren Zielgruppen und nicht zuletzt auch sie selbst verinnerlicht haben. Besonders skuril scheint es, wenn Herbert Willems Buch zur „Theatralität der Werbung“ dies zwar einerseits klar herausarbeitet, aber andererseits behauptet, dass manifester Seximus in der heutigen Werbung kaum mehr zu finden sei. Leider ist die Zeit noch lange nicht vorbei, in der „Sexismus als heimlicher Lehrplan“ (Christine Schmerl) galt.

    Es könnte sicherlich nicht schaden, ein bisschen selbstkritische Reflektion nicht nur auf Seiten der konkreten Auftraggeber, sondern auch auf Seiten der Auftragnehmer anzustoßen.

  8. Das schreibt der Werberat…

    „Sehr ************,
    wir nehmen Bezug auf Ihre Beschwerde vom 3. September 2012.
    Nach Überprüfung der oben genannten Werbemaßnahme sehen wir keinen Anlass für eine Beanstandung. Der Deutsche Werberat, die selbstdisziplinäre Einrichtung der Werbewirtschaft in Deutschland, beanstandet eine werbliche Maßnahme, wenn sie gegen seine Verlautbarungen oder die darin zum Ausdruck kommenden herrschenden gesellschaftlichen Grundüberzeugungen verstößt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn Darstellungen oder Aussagen in der Werbung erfolgen, die herabwürdigend oder diskriminierend in Bezug auf Frauen sind. Dies ist jedoch vorliegend nicht gegeben.
    Die Werbemaßnahme weist darauf hin, dass bis zum 21.12.2012 für Frauen und Männer unterschiedliche Tarife für die private Rentenversicherung Geltung haben bzw. hatten. Diese Differenz wird ab dem genannten Termin aufgegeben, um die Gleichstellung von Mann und Frau zu gewährleisten. Verbraucher, in diesem Fall männliche Verbraucher, darauf aufmerksam zu machen, dass für sie besonders günstige Bedingungen nur bis zum Ablauf einer bestimmten Frist gelten, um sie so zu einem Vertragsabschluss zu bewegen, ist in der Werbung durchaus üblich
    und per se nicht anstößig. Hieraus ergibt sich aber keineswegs, dass das werbungtreibende Unternehmen die Gleichstellung von Mann und Frau missbilligt. Im Übrigen ist die Werbung vorliegend so ironisch und überspitzt formuliert – dies gilt insbesondere für die Warnung „Achtung Gleichberechtigung“ -, dass hier nicht davon ausgegangen werden kann, dass die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau ernsthaft in Frage gestellt werden soll.
    Vor diesem Hintergrund wird der Werberat von einer Beanstandung der o.g. Werbemaßnahme absehen.
    Wir danken Ihnen für Ihren Hinweis und verbleiben mit freundlichen Grüßen“

  9. Neulich finde ich bei der Sparkasse Aachen dafür diese komplett unsexy aber sexistische Werbe-Kampagne vor:
    http://www.horizont.net/aktuell/marketing/pages/protected/showfull.php?p=50993

    http://www.horizont.net/aktuell/marketing/pages/protected/Spot-Premiere-Sparkassen-lassen-Muetter-auf-ihre-Kinder-los_109707.html
    „Tun Sie es Ihrer Mutter zuliebe.“

    Wo sind die Väter?
    Und die Mütter, die nicht aussehen, wie die stereotype Mutter?

    Ich musste mich direkt und vor Ort beschweren.

  10. auch schön, auf der website der privaten krankenversicherung hallesche: „mann sein zahlt sich jetzt noch aus. bis 30.9. versichern und von günstigen männerbeiträgen profitieren“. mit einem euro als „mann“zeichen…
    vgl. http://www.hallesche.de/

  11. Ich reg mich schon seit Wochen über die Kacke auf. Ist euch auch schon mal aufgefallen, dass es keine Werbung gibt für: ACHTUNG FRAUEN JETZT NOCH DIE GÜNSTIGEN KFZ-VERSICHERUNGSBEITRÄGE SICHERN!
    Neben dem ganzen Mist finde ich nämlich echt krass das niemand umgekehrt ähnliche Werbung für Versicherungen schaltet, die für Frauen teurer werden. (bitte belehrt mich eines Besseren!) Ich finde daran wird auch wieder deutlich wer die Entscheidungen in den Werbeabteilungen und so weiter trifft.

    WEGEN BERLIN: Alle Berliner Feminist_innen da draußen und sonstige Menschen die das Scheiße finden…..Wie wäre es mit einer direkten Aktion? Es ist doch bestimmt möglich sich da was kreatives auszudenken.

  12. Das musste jetzt mal RAU!
    Mein persönlicher Auskotzer an die Sparkasse Berlin ist hier

    Ihre aktuelle Werbekampagne ist das Letzte! Vielleicht sollten Sie sich mal umschauen, wie zum Kotzen das viele ihrer Kundinnen finden! Ihre bundesweit ausgestrahlte Werbung ist schon echt mies, aber ein Pin-Up Girl in Berlin? Wo rekrutieren Sie noch Mal ihre Mitarbeitenden? Schafft es ihre Werbefirma echt nicht über das Niveau heraus? Das ist ein Armutszeugnis für jede Sparkasse und zeigt echt wie weit es bei Ihnen mit der Reflektion steht!!! Sie beleidigen hier Frauen wie Männer. Frauen werden degradiert und Männer sind wohl zu blöd für Werbung mit Inhalt. Und danke, dass sie uns alle wissen lassen, dass die Sparkasse Berlin anscheinend GAR NICHTS von Gleichberechtigung hält, wenn Sie die Männer mit einem ACHTUNG davor warnen müssen.
    Und nur so am Rande: Wo ist außerdem ist die massive Werbung für die billigeren Versicherungen für Frauen?

  13. Ich weiß: ist schon ein bisschen her, aber ich bin grad sauer, so!
    @ Leo:
    Dieser Werberat macht mich dermaßen wütend! Diese bescheuerten Argumentationen „Ironie“ „Überspitzt“ „Mit Augenzwinkern“. Ich hab als Antwort auf ne Beschwerde die Antwort bekommen „der Spot ist ja aufgemacht wie eine Sitcom“ ernsthaft: das war die Begründung! Und Sitcoms können ja per se nicht sexistisch sein???? ich könnte ausrasten….
    Aber eigentlich wollte ich das hier teilen, darauf hat mich mein Partner aufmerksam gemacht mit dem Kommentar: „was keiner kommentiert“, trotzdem hat es mich zumindest ein bisschen gefreut, dass auch in der Politik Bestrebungen da sind und auffällt, dass der Werberat kein geeignetes Instrument ist. (ist auch schon ein bisschen alt und vielleicht auch schon bekannt) :http://www.tagesspiegel.de/berlin/leserdebatte-spd-frauen-gegen-sexistische-werbung/6730132.html

  14. Wundert’s wen? Der deutsche Sparkassen- und Giroverband ist Träger des deutschen Werberates, als eine von 40 Organisationen der Werbewirtschaft.

Kommentare sind geschlossen.

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