Das Katzentatzen-Lied – Nur ein Kinderlied?

Im Kindergarten lernt das Kind so allerlei. Unter anderem auch das Katzen­tatzenlied.

Dieses Lied spiegelt sehr plakativ das Kindheits- und Jugendtrauma vieler post-gender Piraten wieder: Man fragt nett und freundlich, aber leider genügt schon ein einziger Makel (dick, hyperaktiv, laut, aber auch schlicht anders, nicht der eigenen Art entsprechend), der es scheinbar rechtfertigt, dass man zurückgewiesen wird. Und dann kommt dieser oberflächlich perfekte Typ vorbei, geht hin, nimmt sich einfach, was er will, ganz ohne zu fragen und schon macht die Frau bereitwillig mit – egal, ob er die totale Dumpfbacke ist oder nicht.

Wenn ich auf diese problematische Implikation des Liedtextes hinweise, bekomme ich, wie so häufig bei ähnlichen Themen (Werbung für Kinder, Rollenklischees in Kinderbüchern, Religionsunterricht in der Grundschule, etc.) zu hören: „Ist doch nur ein Kinderlied!“ Genau, es ist ein Kinderlied! Und Kinder lernen ihre Welt nun mal auch über solche Spiele kennen. Da schaue ich mit dem Kind ein Bilderbuch und es zeigt auf einen normalgewichtigen Hamster und sagt: „Hamster, pummelig.“ Das 2-jährige Kind hat also schon kapiert, dass ein Hamster pummelig ist, also wird es früher oder später auch kapieren, dass pummelig zu sein dazu führt, dass man nicht mitspielen darf und schlussendlich – am Beispiel des übergriffigen Katers – , dass es nicht auf das Einverständnis des Mädchens/der Frau ankommt, wenn man sie küssen möchte.

Ob es allerdings Zufall oder tatsächlich Absicht der deutschen Synchronisation von „Big Bang Theory“ war, dass Sheldon als Kind von seiner Mutter dieses Lied immer vorgesungen bekam, weiß ich nicht. Es ist auf jeden Fall passend, dass der Inbegriff des Nerds schlechthin schon als Kind vermittelt bekam, wie es mit den Frauen klappt.

Etwas weniger problematisch ist die Version von Frederik Vahle wo die Katze immerhin mit jedem Tier tanzt. Aber der Kater bleibt schlicht und einfach übergriffig und bekommt trotzdem, was er will (wobei er sich die Katze dann mit all den anderen Tieren teilen muss…). Trotzdem fand ich den Ansatz meiner Mutter, dem Kind statt dem Katzentatzen-Lied dann „Anne Kaffeekanne“ vorzuspielen deutlich besser!

26 Kommentare zu „Das Katzentatzen-Lied – Nur ein Kinderlied?

  1. Das ist ja dann eine doofe Synchro – im original ist es einfach nur
    „Soft kitty, warm kitty, little ball of fur, happy kitty, sleepy kitty, purr purr purr.“ – nix mit Andeutung sondern einfach nur ‚melody mit happy katze‘

  2. Also ich habe das Lied damals immer ganz anders verstanden und würde gerne meine Intrepretation hier auch mal zu Diskussion stellen: Die Katze tanzt schließlich mit dem Kater, weil er für sie passend ist. Katze und Kater passen zusammen. Ich habe das eher so verstanden, dass jeder irgendwann mal einen passenden Freund finden wird und nicht alleine bleiben muss.

    Auch fand ich den Kater nicht übergriffig, sondern er hat das gemacht, was der Katze gefiel, sonst hätte sie sich ja darauf nicht eingelassen. Die anderen Tiere wussten vielelicht einfach nicht, was der Katze gefiel und passten daher nicht zur Katze.

    Ich tanze doch lieber alleine als mit jemandem auf den ich keine Lust habe. Und es wurde in dem Lied ja nicht aussschließlich an Äußerlichkeiten festgemacht, z.B. der Hase war zu „zappelig“ (hier passte einfach der Tanzstil nicht).

  3. in der zweiten Version ist immernoch klar was nicht toll ist, auch wenn es anscheinend ein gegenargument gibt warum sie dann doch zusammen tanzen!

  4. gleich und gleiuch gesellt sich gerne, nur imk Geschlecht sollen sie sich unterscheiden, das lernt das Kind. und: wenn höflich gefragt wird, wird nein gesagt, wenn einfach die tatze geleckt wird, dann machste mit!

    ist halt die frage was ausgesucht wurde, was der katze gefiel

  5. Kannte das Lied zwar nicht, aber sehe es nach dem anhören ebenfalls problematisch – der Kater benimmt sich definitiv übergriffig. Alle anderen Tiere fragen höflich/freundlich, doch der Kater tut einfach irgendwas mit der Katze ohne vorher ihre Meinung/Erlaubnis einzuholen … und ja, solche Verhaltensweisen werden leider beginnend mit der Kindheit „eingelernt“… :-/

  6. @Nicole Simon: Ganz unabhängig davon, wie das Katzentanzlied zu interpretieren ist: Ich glaube, in der deutschen Synchro wird das Katzentanzlied auch nur auszugsweise gesungen, ohne dass der komplette Kontext deutlich wird.
    Wahrscheinlich hatten die Autoren hier das selbe Problem wie mit allen Synchros: Wie übersetzt man es vernünftig? Das Originallied kennt hier keiner, eine Übersetzung wird auch schwer; also haben sich die Macher wahrscheinlich dieses Kinderlied mit Katzenbezug rausgesucht, weil es thematisch gut passte. Es würde mich wundern, wenn sich irgendjemand dabei Gedanken darüber gemacht hätte, wie man das Lied genau interpretieren muss. Zumal die oben dargestellte Interpretation auch nicht direkt ins Auge springt.

  7. Ich möchte auch noch mal kurz auf die Tiere vor dem Kater eingehen – wenn mir jemand zu dick, hässlich, stinkig oder sonst was ist, dann kann mir keiner vorschreiben mit ihm tanzen zu müssen.

    Den ersten Teil finde ich daher vollkommen richtig. Kinder sollen lernen, dass sie, wenn sie etwas nicht wollen, nein sagen dürfen und dies auch tun sollten.

  8. @ Shandri: Vielleicht verstehe ich dich falsch, aber deine Interpretation des Liedes finde ich ziemlich rassistisch…
    Natürlich sollen die Kinder lernen, dass sie nicht mit jedem tanzen müssen, aber die Methodik bei diesem Lied ist schon ziemlich ekelhaft, finde ich. Zum einen, weil eben jedem Tier, was nicht der eigenen Art entspricht, ein Makel zugesprochen wird und es dann abgewiesen wird, zum anderen, weil der Kater eben nicht freundlich fragt, wie die anderen Tiere, sondern ungefragt die Katze küsst. Da wird schon sehr unsubtil vermittelt, was einem als Frau zu gefallen hat und wie der Mann kriegt, was er will, wie ich finde.
    Bei Anne Kaffeekanne ist es doch auch so, dass die Anne eben nicht jeden Quatsch mitmacht. Sie weigert sich, den Eskimos (ja ich weiß, Fremdbezeichnung, die von den arktischen Völkern abgelehnt wird…) Lebertran zu servieren und genauso weigert sie sich, den Förster zu heiraten und ihm seine Pantoffeln für die Tagesschau zu bringen. Hansi Heinemann hingegen ist nach ihrem Geschmack, also fliegen sie gemeinsam davon. Man kann also auch vermitteln, wie respektvoller und emanzipierter Umgang miteinander funktioniert.

  9. Also, ich seh das alles ja völlig anders und finde den Beitrag in seinem Tenor ziemlich problematisch.

    Erstmal ein kleiner DISCLAIMER: Ich halte „Post-Gender“-Ideen in den allermeisten Fällen für Quatsch, finde die Piraten in vielerlei Hinsicht ziemlich problematisch und bin nach dem Lesen des verlinkten Beitrags von Julia Schramm sowie der dortigen Diskussion ein wenig erstaunt, dass er hier unkritisch verlinkt wird, weil ich sie aus feministischer Perspektive ziemlich übel finde.

    Ähnlich auch hier, am Anfang des Textes:

    „Dieses Lied spiegelt sehr plakativ das Kindheits- und Jugendtrauma vieler post-gender Piraten wieder: Man fragt nett und freundlich, aber leider genügt schon ein einziger Makel (dick, hyperaktiv, laut, aber auch schlicht anders, nicht der eigenen Art entsprechend), der es scheinbar rechtfertigt, dass man zurückgewiesen wird. Und dann kommt dieser oberflächlich perfekte Typ vorbei, geht hin, nimmt sich einfach, was er will, ganz ohne zu fragen und schon macht die Frau bereitwillig mit – egal, ob er die totale Dumpfbacke ist oder nicht.

    Wenn ich auf diese problematische Implikation des Liedtextes hinweise,…“

    Wieso ist das eine „problematische Implikation“? Wen ich als Individuum begehre, wen ich attraktiv finde und auf wessen Avancen ich eingehe, ist verdammt nochmal meine Entscheidung und hat niemanden was anzugehen, auf jeden Fall nicht auf einer politischen Ebene. Was ich vielleicht noch problematisch finde das Übergriffige am Ende des Liedes, aber prinzipiell?! Ich will – wie diese Katze – bitteschön alleine tanzen können, so lange bis ICH entscheide, dass der/diejenige, der/die mit mir tanzen möchte, MIR gefällt und ich mit ihm/ihr tanzen möchte (Konsens, anyone…?!). Soll die arme Katze jetzt aus Gerechtigkeitsgründen mit allen tanzen müssen, nur damit deren Befindlichkeiten befriedigt werden? Und ja, ich fände es auch schön, wenn sie sich vielleicht für den pummeligen Hamster entschieden hätte, aber für den stacheligen Igel, den grimmigen Hund, den zappeligen Hasen?! Haben die anderen Tiere, die ihr nicht gefallen, ein Recht auf ihre Aufmerksamkeit, ihre Zeit, sogar auf ihren Tanzpartnerinnen-Körper…?! Ich meine wohin soll das denn führen, wenn man das konsequent zu Ende denkt? Es geht doch um Konsens, nicht um „och Menno, ich will jetzt aber auch mal randürfen und wie gemein dass die doofen Frauen andere toller finden als mich!“ (siehe den Tenor bei der verlinkten „post-gender-Piraten“-Diskussion)…

    Das kann man ja auf einer individuellen Ebene frustrierend finden, aber welche gesellschaftspolitische Forderung soll sich daraus ableiten? Dass ich jetzt dazu verpflichtet bin, Männer grundsätzlich toll zu finden, unabhängig von MEINEN Präferenzen, sie „mit mir tanzen zu lassen“? Not gonna happen! Es käme mir als Feministin doch auch nicht in den Sinn, dem Mann an sich auf einer gesellschaftspolitischen Ebene vorzuwerfen, dass er nicht auf „Frauen wie mich“ steht, so schade ich das im Einzelfall auch mal finden mag! Natürlich macht es sicherlich Sinn, zu hinterfragen, wo auch die eigenen Attraktivitätsparameter so herkommen, aber ich frage mich wirklich, wo der Beitrag hinwill, da ich das nicht als zentralen Punkt rauslese.

    Nochmal zu dem einleitenden Abschnitt:

    Erstens ist für mich persönlich das hier beschriebene „Kindheits- und Jugendtraume vieler post-gender-Piraten“ („Frauen stehen nicht auf mich sondern auf andere Männer“) in feministischen, also gesellschaftspolitischen Zusammenhängen eher, naja, ich sag mal mäßig interessant. Zweitens wird in diesem Zusammenhang extrem viel vorausgesetzt, behauptet und aus persönlichen Erfahrungen abgeleitet, von dem ich schon Vieles schlicht bestreiten würde. Rein empirisch ist es z.B. einfach nicht so, dass nur schöne, dünne, erfolgreiche Menschen Partner_innen finden oder Frauen grundsätzlich „auf Machos stehen“. All das sagt natürlich nichts über strukturelle Diskriminierung aus (Rassismus, Heterosexismus, Ableismus, Lookismus, und und und), aber ich sehe die individuelle Partner_innenwahl – drittens – NICHT als Spielfeld für Diskriminierungsdiskurse. Wenn ich auf Machotypen stehen sollte, oder auf Dünne oder auf Dicke oder sonstwas, ist das doch keine Diskriminierung der jeweils anderen Gruppe, sondern Ausdruck meiner individuellen Freiheit und Persönlichkeit, in die mir keiner normierend reinzureden hat. Natürlich kann man über die gesellschaftlichen Bedingungen streiten, die zur Privilegierung bestimmter Eigenschaften führen, die sich auch in individuellem Begehren niederschlagen, aber das ist doch ein ganz anderer Diskurs!

    Schlimm finde ich in dem Zusammenhang diesen Satz:
    „Man fragt nett und freundlich, aber leider genügt schon ein einziger Makel (dick, hyperaktiv, laut, aber auch schlicht anders, nicht der eigenen Art entsprechend), der es scheinbar rechtfertigt, dass man zurückgewiesen wird.“

    NATÜRLICH rechtfertigt das alles (und nicht nur „scheinbar“), zurückgewiesen zu werden, wenn der_die andere schlicht, kein Interesse hat!! Wir reden hier nicht vom Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen, sondern von zwei beteiligten Individuen! Niemand hat das Recht auf „Zugang“ zu jemand anderem, scheißegal, wie „nett und freundlich“ man fragt…. Was wäre denn bitteschön der Umkehrschluss?!

    „Und dann kommt dieser oberflächlich perfekte Typ vorbei, geht hin, nimmt sich einfach, was er will, ganz ohne zu fragen und schon macht die Frau bereitwillig mit – egal, ob er die totale Dumpfbacke ist oder nicht.“

    Und wieder: JA UND?!? Wen geht das gleich nochmal was an, außer die Frau, die sich für diesen Typen entscheidet (Konsens vorausgesetzt!)?! Und warum sollte das wen was angehen?! Wie soll gesellschaftspolitisch nochmal gleich begründet werden, dass Frauen nicht das Recht haben, auf (echte oder vermeintliche) Arschlöcher zu stehen (wobei ich diese empirische Behauptung wie gesagt schon bestreiten würde, aber selbst wenn man von ihr ausgeht)? Ich mein, jetzt mal ehrlich: Ich als Feministin trete dem Gerücht, beim Feminismus ginge es primär darum, dass unattraktive Frauen auch endlich mal nen Mann abkriegen, mit Zähnen und Klauen entgegen. Und umgekehrt soll das anders sein? Jetzt solls im Feminismus auf einmal aber darum gehen, dass Frauen endlich gefälligst auch mal die bislang sexuell nicht so erfolgreichen Männer ranlassen sollen?! Feminismus soll jetzt den Zugang zum weiblichen Körper und das weibliche Begehren für bestimmte Männer gewährleisten?! Feminismus als politische Strömung soll dafür da sein, Frauen in ihrem Begehren zu reglementieren und zu beurteilen?! Ja gehts noch?!

    Und zuletzt noch dieser Satz, der mir echt alles aus dem Gesicht fallen lässt:
    „Etwas weniger problematisch ist die Version von Frederik Vahle wo die Katze immerhin mit jedem Tier tanzt. “

    Ich glaube, ich hab meinen Punkt ausführlich genug gemacht, so dass ich nicht nochmal ausdrücklich sagen muss, warum ich diesen Satz auf einer feministischen Seite unglaublich deplatziert finde…

    Bottom line: Ich finde die Verquickung von individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Frustrationen aus dem Themenfeld der (Tanz-/Sex-/Beziehungs-)Partner_innenwahl mit Diskriminierungsthemen und gesellschaftspolitischen Forderungen, die hier und in dem verlinkten Beitrag stattfindet höchst problematisch!

  10. @ Adele/ Moderation
    Sorry, seh grad jetzt wo’s hier steht, dass der Ton des Kommentars doch ziemlich scharf ist. Entspricht zwar meiner spontanen Reaktion, allerdings wollte ich auch nicht zu einer Verunsachlichung der Diskussion beitragen. Sollte der Tonfall von der als unangemessen pampig bewertet werden, kann ich ihn gern auch nochmal etwas entschärfen.

  11. Konsens ist ein sehr gutes Stichwort, Betti! Der findet beim Kater nämlich nicht statt. Der Kater fragt nicht, da ist kein Konsens, sondern er nimmt sich einfach, was er will. Alle anderen Tiere fragen, sie werden abgewiesen, die Katze tanzt allein. Alle anderen akzeptieren das. Der Kater eben nicht, der versucht es erst gar nicht mit Konsens. Und das ist der Knackpunkt.

  12. @Betti: Habe deinen Kommentar keinesfalls als unangemessen pampig empfunden. Du sprichst viele wichtige Punkte an, die ich vielleicht nicht klar genug formuliert habe. Aber ich schrieb es bereits in meiner Antwort an Shandri: Es geht nicht darum, der Katze zu verbieten, jemanden zurückzuweisen, sondern darum, mit welcher Methodik das passiert. Selbstbestimmt geht nämlich auch respektvoll, wie das Lied von Anne Kaffeekanne zeigt…

  13. @Betti: ich finde, du hast viele wichtige Punkte angesprochen. Was mich an dem Lied nervt, ist vielmehr, dass die (Tanz-)Partnerwahl wieder mal so unglaublich eindimensional und stereotyp stattfindet… Klar darf die Katze sich selbst jemand raussuchen, der ihr gefällt, und sie soll mit niemand tanzen müssen, den sie nicht will. Aber es ist nunmal keine reale Person, sondern eine Figur in einem Kinderlied, einem fiktionalen Kontext, den jemand geschrieben hat. Und in dem lässt sich das so lesen, dass pummelige Hamster keine Chancen bei schönen Katzen haben – dass pummelig und stachelig unattraktiv sind. Es könnte ja auch so verlaufen, dass die Katze den Kater abblitzen lässt und jemand ganz anderes wählt, was weiß ich – der außergewöhnlich ist und deshalb anziehend. So ist halt klar: „gleich und gleich gesellt sich gern“ (von anderen Dingen wie dem problematischen „Draufgängertum“ des Katers mal abgesehen). Das ist (aus poetischer Sicht) einfach ziemlich unoriginell und als Message für Kinder alles andere als progressiv und weltoffen…

  14. @sabbel & Betti: Der Knackpunkt bei der Konsensfrage – das übt der Kater für sich aus, der Katze gesteht er das allerdings nicht zu. Und die Argumente seiner Ablehnung sind zwar individuell nachvollziehbar, darüberhinaus fügen sie sich aber ein in die Vorgaben, wie Menschen auszusehen haben, etwa schlank und eben nicht dick. Das wird überall und ständig vermittelt.

    Und noch einmal: Dieses Lied vermittelt leider gar nicht, wie vernünftiger Umgang geht. Nein sagen darf nur der Kater, die Katze wird nicht gefragt, sondern übergriffig angefasst. Und in allen anderen „Verhandlungen“ lernen Kinder nicht, dass sie einfach nein sagen dürfen, sondern die Ablehnungen werden an das (Nicht-)Erfüllen von Schönheitsnormen geknüpft.

  15. @ Adele

    Ja, das stimmt natürlich, das hatte ich ja in meinem Kommentar auch als problematisch gekennzeichnet, aber wahrscheinlich zu sehr relativiert. Wobei ich auch dabei die Sache nicht ganz so einfach finde – die Katze entscheidet sich ja für den Kater, das Lied endet in einer Konsens-Situation. Was ich meine ist: Wenn mich ein Typ „doof anmacht“ und ich da aber durchaus in der konkreten Situation Bock drauf habe, mich drauf einzulassen – zB weil ich ihn sehr attraktiv finde oder aus welchen Gründen auch immer, weil ich mal einen Macho ausprobieren will oder was weiß ich -, dann mag man mich auf einer individuellen Ebene vielleicht bescheuert finden, was ja auch völlig ok ist. Die Stelle an der ich es etwas schwieriger finde, ist der Übergang zum Politischen: Bin ich als Feministin dann quasi „verpflichtet“, das Ganze unheiß zu finden, auch wenn ichs tue? Bzw. ist es eine legitime politische Forderung, dass ich als Individuum in diesen Situationen meinen Konsens verweigere? Ich formuliere das bewusst als Fragen, weil ich selbst für mich diese Dinge recht schwierig zu beantworten finde.

    Ich finde die Konsens-Thematik in der Vahle-Version übrigens sehr viel problematischer behandelt, weil sich da von allen anderen Tieren über ein ausdrückliches „NEIN“ hinweggesetzt wird… Ich stell mir ins Realleben folgende Situation als Pendant vor: Ich tanze, ein für mich unspannender Typ fragt mich, ob ich mit ihm tanzen will, ich sag Nein. Daraufhin geht er nicht, sondern „flüstert mir was ins Ohr“, also labert mich voll mit Überschreitung von Distanzgrenzen. Daraufhin lasse ich mich gegen meinen ausdrücklich erklärten Willen auf das Tanzen ein.

  16. @ Lucie, Helga, Adele

    Ihr habt natürlich recht mit Euren Punkten, also mit der Stereotypisierung, mit dem unkreativen Fortschreiben bestimmter Begehrensparameter, mit der nicht problematisierten Übergriffigkeit des Katers, mit dem Mangel an Aufzeigen von Alternativen. In sofern trägt das Lied natürlich zu der Verfestigung all dieser Dinge bei, also hat auch sehr wohl auf gesellschaftspolitischen Ebene starke Implikationen, nicht nur auf der von mir fokussierten individuellen.

    Ich glaube, ich habe das Lied einfach immer eher unter dem Gesichtspunkt „individuelle Wahlfreiheit der Frau und im Zweifelsfall lieber alleine tanzen als mit jemandem, auf den man keine Lust hat“ gesehen/verstanden/interpretiert. Dass die zur Verdeutlichung dessen gewählten Figuren und Handlungsweisen teilweise wiederum bestimmte Stereotypen festzurren, ging in meiner Kritik wahrscheinlich zu sehr unter.

    Außerdem kam glaub ich dazu, dass ich den ersten Kommentar unter dem wutschnaubenden Eindruck des verlinkten Beitrags und der Diskussion bei Julia Schramm geschrieben habe. Da hat sich wahrscheinlich einiges vermischt, was Du, Adele, in Deiner Kritik des Liedes überhaupt nicht intendiert hattest…

  17. Als alte Fredrik-Vahle-Fänin finde ich es etwas verstörend, seinem Text einen übergriffigen, sexistischen Charakter zu unterstellen, denn immerhin sind seine übrigen Lieder ja sehr bekannt für ihren pazifistischen, konsensualen und emanzipierenden Anspruch. Aus diesem Grund möchte ich mal eine Lanze für die Bezeichnung „Kinderlied“ brechen, und zwar nicht, weil sexistische/rassistische/gewaltverherrlichende etc Inhalte in Kinderliedern irgendwie „harmloser“ sind, da ist nämlich das Gegenteil der Fall, und ich rechne es der Autorin immerhin hoch an, dass sie sich der Problematik annimmt und mit der „Anne Kaffeekanne“ ja ein sehr schönes Positiv-Beispiel gegeben hat. Was man bei Kinderliedern aber vielleicht nicht übersehen sollte: Kinder haben durchaus auch ihre eigene Art, etwas zu sehen. Natürlich besteht die Gefahr, dass Erwachsene ihnen als Liedtexter_innen ihr erwachsene Wirklichkeit überstülpen, und darum ist immer Achtsamkeit geboten. Aber in Bezug auf das aktuelle Problem frage ich: wie wahrscheinlich ist es, dass ein Kind das Verhalten des Katers übergriffig oder das der Katze diskriminierend findet? Ich behaupte einfach mal, dass Kinder (wie ich es zumindest als Kind getan habe) davon ausgehen, dass die Katze „natürlich“ (was man in Frage stellen kann!) mit dem Kater befreundet ist und auf ihn wartet. Ein Freund, der mir „ganz lieb die Tatze“ küsst, ist sicher nicht übergriffig. Ich meine, man sollte etwas vorsichtiger sein, in Kinderliedern allüberall sexuelle Übergriffe und Diskriminierung zu vermuten. Kinder scheinen mir da zum Glück noch etwas unschuldiger zu sein. (Was nicht heißt, dass sexueller Missbrauch an Kindern nicht vorkommt oder dass er so gerechtfertigt werden dürfte! Oder dass die Diskriminierung „pummeliger“ Kinder toleriert werden darf!)

  18. Ich finde es ehrlich gesagt auch etwas unglücklich oder zumindest missverständlich (?), wie der erste Absatz unter dem Video und der darauffolgende Satz mit den „problematischen Implikationen“ miteinander in Verbindung gesetzt werden. Ich würde mir wünschen, dass hier noch klarer würde, auf welcher Ebene was kritisiert wird. Wir können es ja durchaus doof von den Liedermacher_innen (?) finden, nach welchen Kriterien sich die Katze ihren Tanzpartner aussucht, angesichts der Tatsache, dass es sich hier um ein Lied/Tanzspiel für kleine Kinder handelt. Dass da rassistische, lookistische, heteronormative, …, Implikationen drinstecken und tradiert werden, ist unbestritten und mistig. Und Hinterfragen, wie ich selber zu bestimmten Attraktivitätsvorstellungen und Begehrensformen kommen mag – definitiv. Aber sozusagen die Katze dafür kritisieren, dass sie sich selbst aussucht, mit wem sie körperlich wird und mit wem nicht? Oha. Ich finde wie Betti, dass hier die Ebenen etwas durcheinander gehen.

  19. P.S. Mir ist auch noch nicht ganz klar geworden, warum das Lied „Anne Kaffeekanne“ so als auschließlich positives Gegenbeispiel gewertet wird. Da stecken auch rassifizierende stereotype Zuschreibungen und Begrifflichkeiten drin – „Eskimos“, die immerzu Lebertran wollen, anyone? Und ob Anne nur wegen der von ihr geforderten Arbeit nicht dort bleiben mag, ist nicht viel weniger unklar als die „Motivation“ der Katze im Tanzlied… Und der Junge, den sie sich am Ende erwählt, wird vor allem als „einsam“ charakterisiert – da könnte man jetzt natürlich auch an Implikationen wie Annes „weibliche Sozialisation“, Erziehung zu Empathie & Care Work etc. denken…

  20. Nicht zur Kater-Frage, aber zu den anderen Strophen:

    Ich kannte nur die Version von Fredrik Vahle und hatte das (als Kind) nie so verstanden wie Betti — also dass die Katze trotz Ablehnung zum Tanzen genötigt wird –, sondern so, dass die Katze gegen alle Tiere ein bestimmtes Vorurteil hat (Igel ist zu stachelig, Hase ist zu zappelig usw.), das sie aber revidiert, als die Tiere etwas Nettes zu ihr sagen. (Das Flüstern ist ein Stilmittel, das es für Kinder lustig macht, und natürlich außerdem den Liedermacher davon entbindet, sich ausdenken zu müssen, was sie nun jeweils sagen.)
    Am Schluss tanzt sie ja auch nicht NUR mit dem Kater, sondern mit allen Tieren zusammen. Nun ist keiner mehr zu zappelig oder zu stachelig für die anderen, sondern alle haben Spaß miteinander.

    Das war wohlgemerkt mein kindliches Verständnis von der Geschichte. Aber ich finde es nach wie vor nicht das schlechteste.

  21. P. S.
    Als feministisches Fredrik-Vahle-Lied empfehle ich „Die Postfrau“
    („Doch die Postfrau wehrt sich, ne Frau macht ihre Arbeit genauso gut und pünktlich wie ein Mann!“ — merklich aus den 70ern, aber erschreckenderweise kein bisschen überholt)
    -> http://www.youtube.com/watch?v=uX3N14r_ijY

    oder das „Lied vom Mutmachen“
    („Ein Mädchen hatte einen Freund, der wollte nur befehlen; sie sagte: ‚Tschüs, mein lieber Klaus, ich bin nicht deine Aufziehmaus!‘ So machte sie auch anderen Mut!“)
    -> http://www.youtube.com/watch?v=0B-2kYokabY

  22. Wir mussten das blöde Lied mal inklusive Tanz aufführen und weil ich das dickste Kind der Klasse war musste ich den Hamster spielen. Seitdem kann ichs nicht mehr hören.

  23. Es gibt ein Märchen der Brüder Grimm – tatsächlich zwei – die gehen ganz ähnlich, nur dass es um eine Füchsin geht: Die Hochzeit der Frau Füchsin. (Ich meine das zweite Märchen) Hier fragt der Fuchs genauso höflich wie all die anderen Tiere. (Ich meine vor allem das zweite Märchen.)

    Ich glaube, es gibt auch noch eine andere Version, mit einem anderen Tier, ich glaube einer Maus. Alle möglichen Tiere wollen die Maus heiraten, sie haben eine ganze Reihe von wunderbaren Eigenschaften und bieten ihr tolle Wohnungen in Bäumen und auf Dächern, aber am Ende ist das Haus, in dem sie wohnen möchte, ein Mauseloch, und mit Flügeln kann sie auch nicht wirklich etwas anfangen, sie möchte jemanden mit einer kleinen spitzen Schnauze, einem braunen Pelz und einem langen Schwanz.

    Was lernen Kinder in diesem Lied? Sie lernen, dass Katzen mit Katern tanzen (oder andere Dinge tun, die man kleinen Kindern nicht erzählt.) Und Menschen heiraten Menschen – auch ganz normal.

    Dass Kinder aus diesem Lied lernen, dass Menschen nur Menschen aus ihrem eigenen Volk oder ihrer eigenen „Rasse“ heiraten, setzt doch schon voraus, dass sie solche Menschen als nicht von ihrer eigenen Art wahrnehmen – aber das tun sie nicht von selbst, sondern nur wenn ihre Umwelt ihnen das vermittelt.

    Der Kater ist für meinen Geschmack auch zu stürmisch – eine echte Katze würde sich das nicht gefallen lassen. Auch ein Kater muss sich eine Weile um die Katze bemühen, und oft ist es die Katze, die dann auf den Kater zugeht.

    Habe jetzt auch die Version von Frederik Vahle gehört – finde sie eher etwas „creepy“ – was flüstern die anderen Tiere der Katze ins Ohr, damit sie mit ihnen tanzt?

  24. hmmmm… ich will nicht spitzfindig erscheinen, aber vielleicht sind der Kater und die Katze ein Paar und er „darf“ sie sacht streicheln und küssen. und wenn es dann heißt „und schon hat sie mitgemacht!“ – dann wäre genau das ja ein Hinweis darauf…

    ansonsten ja: Fredrik Vahle schaut halt einfach hin und überlegt mehr, wie er Dinge vermitteln kann… besonders gut gefällt mir z.B. auch das Lied mit der Rübe, das sich gegen Rassismus wendet.

    Zu Anne Kaffeekanne gab es doch hier sogar schon einmal einen Text :)
    http://maedchenmannschaft.net/es-war-einmal-ein-madchen-das-hies-anne/
    und wirklich: das ist ein ziemlich nettes Lied. auch für Jungen. (die Kommentardiskussion damals war auch wirklich sehr aufschlussreich… weia)

  25. Vom Text mal abgesehen… auf dem Bild, auf dem die Katze dem Hofhund einen Korb erteilt, steht der Kater hinter einem Baum und beobachtet sie dabei. Auf einem späteren Bild hat er dann im Wald von hinten die Arme um sie geschlungen – und schon hat sie mitgemacht.
    Ich weiß, dass ich als Kind das Lied nicht seltsam, den Kater nicht übergriffig fand. Aber als es mir vor kurzem wieder einfiel und ich es für meine kleine Tochter gesungen habe, ist es mir doch deutlich aufgestoßen.

  26. Grundsätzlich neige ich auch eher zu der Meinung, dass Kinder diese ganzen Sachen nicht so wahrnehmen wie wir Erwachsenen. Wenn wir hier schon so viele unterschiedliche Interpretationen haben, woher sollen wir dann wissen wie Kinder es verstehen? Kinder sehen die Realität oft genauso wie sie ihnen gefällt. Demzufolge würde das (schon vor dem Lied) zickige/oberflächliche Mädchen sich wahrscheinlich in ihren Anschauungen genauso bestätigt sehen, wie die hoffnungslose Romantikerin, die auf ihren perfekten Märchenprinzen wartet. Und wenn wir uns auf die hier geteilten Erinnerungen verlassen können, hat das Kinderlied uns selbst ja auch nicht geschadet! Selbst die, die jetzt etwas schockiert sind, weil sie sich vielleicht zum ersten Mal damit auseinandergestzt haben, haben es früher gehört, gemocht, gesungen und bestimmt sind nicht alle Männer Machos und alle Frauen zickige Dummchen geworden. (Ob Katze und Kater nun tatsächlich so erscheinen oder nicht!)

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