Charlotte Roche und der Feminismus

Jetzt aber zackzack, noch ein Hinweis: Auf der jetzt.de-Seite in der Süddeutschen Zeitung ist gestern ein Interview mit Charlotte Roche erschienen. Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass dieses Gespräch das wohl einzige ist, in dem Hämorrhoiden kein Mal vorkommen. Dafür haben wir uns lang und ausführlich über Feminismus unterhalten.

Feuchtgebiete“ ist ein kurzweiliger Roman. Es geht darin um die 18-jährige Helen, die sich bei einer Intimrasur, äh, anal verletzt hat und deswegen operiert werden muss. Sie liegt danach ein paar Tage auf der Station und wartet auf den Besuch ihrer geschiedenen Eltern und dass ihr Stuhlgang wieder funktioniert. Nebenbei verliebt sie sich in ihren Pfleger Robbie und lässt selbstgebastelte Tampons im Aufzug liegen. Weil sie sonst nichts zu tun hat, beschäftigt sie sich eigentlich ununterbrochen mit sich selbst, ihrem Unterleib und ihren diversen Sekreten und Haaren. Sie denkt über Schönheitszwang, Hygieneregeln, weibliche Prüderie und das Dilemma, dass Frauen keine offene Sprache für ihre Sexualität haben, nach. Das ist manchmal ein bisschen anstrengend, aber oft auch sehr unterhaltsam und anregend.

Mein einziger wirklicher Kritikpukt – abgesehen davon, dass ich Hygienezwänge für eines der geringeren Probleme der Weltbevölkerung halte – ist, dass ich einer 18-jährigen Protagonistin eine dermaßen reflektierte und ausgereifte Sexualität nicht zutraue. Aber ich gestehe Charlotte zu, dass sie mit dem Buch möglicherweise eine personale Utopie entwerfen wollte beziehungsweise eigentlich der (jungen) Leserin Perspektiven aufzeigen wollte. Dass man eben durchaus laut und locker mit sich selbst und seinem Sex umgehen kann. Mit einer Mitt- oder Endzwanzigerin als Protagonistin würde das für jüngere Leserinnen mangels Identifikation nicht funktionieren.

Außerdem: It’s natürlich Fiction, Baby. Ich freue mich jedenfalls auf die Lesung heute Abend im Lustspielhaus.

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4 Kommentare zu „Charlotte Roche und der Feminismus

  1. Oh je, der deutsche Feminismus ist wirklich ganz schön kaputt.

    Auf der einen Seite Alice Schwarzer die langsam wirklich altersdement wird (Bild-Kampagne) und schon seit Jahren an der normalen hetero-frau vorbeikeift.
    Dafür jetzt so eine völlig durchgedrehte Nudel wie Charlotte Roche die gemerkt hat das frau einen Haufen Aufmerksamkeit bekommt wenn frau es schafft die zwei Rollen Feministin/williges und billiges Mädchen in sich zu vereinigen. Allein schon für den Umstand das sie der Hugh Hefner (!) Wichsvorlage Playboy (feinster Sexismus seit über 50 jahren) ein Interview gibt bei dem frau sich hinterher fragt ob sie das Wort „Feminismus“ vielleicht nur mal in einem Fremdwörter-Abreißkalender gelesen hat spricht Bände. Das sie offensichtlich mit ihrem Buch gleich noch den typischen machistischen Jugendwahn („Nur die jungen Dinger bringens wirklich!“) bedient ist da nur noch ein Detail unter vielen.

    Hoffentlich kommt bald von irgendwoher eine dritte, neue weibliche Persönlichkeit der frau wirklich eine führende Rolle im deutschen Feminismus zugestehen kann…

  2. @Luisa
    Ich würde eher sagen, Charlotte Roche argumentiert für eine selbstbestimmte, selbstbewußte Sexualität, wie auch immer die aussehen mag, und ganz und gar nicht fürs „billig und willig“ sein.

    Und das hier noch zu Miss Roche’s Thema, grade gesehen:
    http://jezebel.com/360552/oldies-but-goodies

    besonders auch die großartigen Kommentare lesen, die sind fast das beste an der Seite.

  3. ach, und ist vielleicht verwirrend weil man hinten zu lesen anfangen muss, aber ihr schafft das schon.

Kommentare sind geschlossen.

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