Demo in Berlin: „1000 Kreuze in die Spree!“

Wie auch im letzten Jahr mobilisiert der Bundesverband Lebensrecht für kommenden Samstag, den 18. September 2010, zu einem Schweigemarsch mit dem Titel „1000 Kreuze für das Leben“. Damit wollen die selbst ernannten „Lebensschützer“ für ein generelles Verbot von Abtreibungen demonstrieren. Aktivist_innen verschiedenster Gruppierungen planen mit der Gegenaktion „1000 Kreuze in die Spree“ nun erneut, dem Marsch der Fundamentalist_innen laut und mit vielfältigen Aktionen entgegen zu treten.

Sie fordern außerdem:

  • Streichung des Paragraphen §218 aus dem Strafgesetzbuch
  • Entscheidungsfreiheit für oder gegen eine Abtreibung ohne Bevormundung
  • Die Verwirklichung des Recht auf freie Familienplanung und Sexualität für alle, ohne dabei die Freiheiten anderer einzuschränken

Los geht’s um 12.00 Uhr an der Karl-Liebknecht-Strasse/Ecke Spandauer Strasse. Zum Warmmachen ein Video vom letzten Jahr:

21 Kommentare zu „Demo in Berlin: „1000 Kreuze in die Spree!“

  1. …warum sucht man sich ausgerechnet den Tag der großen Anti-Atom-Demo aus?! Hoffentlich geht dann deren „Trauermarsch“ schön unter. Wenn’s nicht wahr und so bitter wäre, wärs zum lachen…

  2. Die Demonstrierenden konnten sich den Tag ja schlecht aussuchen, weil sie mit ihren Protesten lediglich auf die Abtreibungsgegner_innen reagieren. Wenigstens wird es an diesem Tag schön laut auf Berliner Straßen! :)

  3. Ich meinte die „Lebensschützer“ selbst! Klar, daß die Gegner_innen da nur darauf reagieren..
    Hoffentlich wird es laut, ob gegen die „Lebensschützer“ oder bei der Atomdemo :)

  4. Was für eine Diskussion ?
    Mir doch egal wer noch alles in Berlin demonstriert, wer darauf mit Protesten reagieren kann oder wird.
    Hier geht es nur um eines, das Selbstbestimmungsrecht der Frauen und die Verhinderung der Renaissance menschenverachtender Weltanschauungen aus krankem monothestischem, männlichen Gedankengut.
    Wir sind weder Erbsünde noch humane Verfügungsmasse faschistischer Gesellschaftsordnungen.

  5. Ich bin für ein Abtreibungsrecht für Väter. D.h. wenn der werdende Vater ein Dokument unterschreibt, wird er von allen Rechten und besonders Pflichten befreit, Unterhalt beispielsweise.

    Und kommt mir jetzt bloß nicht damit, dass er ja seinen Spaß hatte und deswegen zu seiner Verantwortung stehen soll. Eine Frau, die ihren Spaß hatte wird ja auch nicht zur Verantwortung gezogen.

  6. @K
    Keine Sorge, hier findest du durchaus Befürworter_innen_ dieser Idee. Die Analogie zur weiblichen Abtreibung muss nur möglichst vollständig sein, d.h. nach 18 Jahren doch ankommen ist nicht.

  7. auch wenn ich es richtig finde, dass es eine gegendemo gibt, kann ich die forderungen nicht komplett für gut befinden.

    > Streichung des Paragraphen §218 aus dem Strafgesetzbuch
    würde damit nicht auch erlaubt sein ein „kind“ in der 23. schwangerschaftswoche abzutreiben? ich hätte damit meine probleme, auch wenn es ja schon jetzt die möglichkeit gibt (stichwort behinderung…) -und was ist wenn das kind dann doch überlebt (siehe oldenburger baby), soll man es dann außerhalb der mutter umbringen? die grenze zw. zellhaufen den man einfach entfernen kann und einem menschen der das lebensrecht hat, beginnt doch nicht wirklich bei der geburt. oder doch?

    > Entscheidungsfreiheit für oder gegen eine Abtreibung ohne Bevormundung
    aber hoffentlich trotzdem mit beratung.

    liebe grüße,
    boxi

  8. @ boxi: Bei der Streichung von §218 geht es vor allem darum, dass Frauen nicht mehr kriminalisiert werden. Spätabbrüche sind soweit in keinem Land „einfach so“ erlaubt.
    Mit einer Fristenregelung auf dem neuesten Erkenntnisstand und dem Wegfall von Beratungszwang wäre ja schon einiges getan. Frauen werden mit dem §218 kriminalisiert und zudem wird Ihnen die Fähigkeit abgesprochen eigenverantwortlich zu entscheiden.

  9. @boxi
    I second that!

    @Erna
    Mal abgsehen davon, dass nicht „Frauen“ kriminalisiert werden, sondern alle an einer Abtreibung Beteiligten (also nicht nur die Schwangere, sondern auch die durchführenden Ärzte/Ärztinnen) habe ich kein Problem mit der Kriminalisierung. Die Frage kann aus meiner Sicht nicht sein, ob Schwangerschaftsabbrüche strafbar sind, sondern lediglich ab wann. Warum mit § 218 StGB Frauen die Fähigkeit abgesprochen werden soll, eigenverantwortlich zu handeln, verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht.

  10. Derzeit müssen Schwangere sich beraten lassen und drei Tage Bedenkzeit hinter sich haben – wir unterstellen ihnen also, dass sie diese Beratung brauchen, genau wie die Bedenkzeit. Vertrauen in die Entscheidungsfähigkeit hieße, die Schwangerenkonfliktberatung optional zu machen. Aufklärung über Risiken, die bei jeder Operation vorgeschrieben ist, ist ja noch mal eine andere. Über die Risiken einer Schwangerschaft, der Geburt, sowie der unmittelbaren und mittelbaren Folgen gibt es dagegen ja nicht. Und auch wenn die Straffreiheit heute ganz ok scheint, es sollte jedem klar sein, dass die Betroffenen sich freikaufen.

  11. @Erna (Kriminalisierung)
    Schlicht und ergreifend, weil ich der Ansicht bin, dass ab einem bestimmten (durchaus diskussionswürdigen) Zeitpunkt das Lebensrecht des Kindes und seine Würde das Selbstbestimmungsrecht der Mutter überwiegen. Effektiver Lebensschutz ist aber nur durch Strafgesetze erreichbar. Ich sehe bei § 218 StGB durchaus Reformbedarf, aber eine ersatzlose Streichung halte ich für verfassungswidrig und in höchstem Maße unethisch. Daher könnte ich mich, so sehr mir die „Lebensschützer“ zuwider sind, niemals mit deren Gegnern solidarisieren.

    @Erna und Helga (Beratungspflicht)
    Aber dient die Beratungspflicht nicht eher dem Schutz der Schwangeren? Ich stelle mir die Situation der Schwangeren als nicht gerade einfach vor. Eine Beratungspflicht führt doch nur dazu, dass sie „gezwungen“ wird, sich zusätzliche Informationen zu beschaffen, die ihr sonst womöglich entgehen würden. Außerdem bekommt sie so noch eine außenstehende Meinung, was der Entscheidungsfindung nur zuträglich sein kann.

  12. @Ben: Genau, Schwangere werden zu etwas gezwungen.

    Wovor sollen sie denn geschützt werden? Wenn Menschen in ihrem Umfeld sie zur Abtreibung zwingen, erzählen sie das bestimmt nicht wildfremden Leuten in irgendeiner Beratungsstelle. Welche Informationen entgehen ihnen denn noch? Wie sie ihr Leben mit Kind finanzieren könnten? Da sind wir wieder bei dem Punkt, dass Schwangeren nicht getraut wird, selbstständig alle Informationen zu sammeln. Und außenstehende Meinung? Ganz ehrlich: Ich will gar nicht mit Fremden darüber reden müssen, wie es zur Schwangerschaft kam und was nun daraus werden kann. Das geht die gar nichts an, die kennen mich nicht mal.

    Dahinter stehen das kollektive Misstrauen gegenüber Schwangeren und das dringende Bedürfnis, das Gewissen zu beruhigen.

  13. @Helga
    Nein, dahinter steht das Wissen, dass der Traum vom selbständigen, eigenverantwortlichen Menschen eben das ist – ein Traum. Die Realität ist jenseits akademisch gebildeter gutbürgerlicher Elfenbeintürme leider eine andere. Und so sorgt die Beratungspflicht dafür, dass auch diejenigen, die zu gestresst, zu sehr unter Druck, zu unvernünftig oder zu schlecht informiert sind, um sich selbst mit Informationen und Beratung zu versorgen wenigstens ein Mindestmaß davon bekommen. Ich weiss nicht, warum das ein Problem sein soll. Wenn es Dir allerdings um den Zwang geht – damit muss man in einer Gesellschaft leben. Die Frage ist nur, ob die Anwendung von Zwang in Abwägung aller betroffenen Interessen verhältnismäßig ist. Bisher habe ich noch nichts gehört, was den Schluss zuließe, der Beratungszwang sei unverhältnismäßig. Aber da ich es nur bedingt nachvollziehen kann, da ich noch nie in der Situation war, bin ich für Aufklärung durchaus dankbar.

  14. Gesetzliche Regelungen spiegeln ein Stück weit auch den Zeitgeist wieder.

    Wenn nun ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Menschen die abgetreibenen Embryonen nicht nur als unselbstständigen, lästigen, abzusaugenden Zellhaufen sehen, ist das eben deren Meinung.

  15. @Ben: Na, dass Eigenverantwortung nur ein Traum ist, sehen wir aber nur hier so. An jeder anderen Ecke des Lebens, ob es um Telefon- oder Stromverträge geh, Altersvorsorge und Versicherungen – überall wird Eigenverantwortung immer größer geschrieben, Zwangsberatung gibt es aber keine. Vor der Zeugung und Geburt, die wirkliche Einschnitte ins Leben bedeuten, gibt es keine Beratungspflicht.

    Und statt hilfreich, kann es mit Termin beim Arzt, Termin bei der Beratungsstelle und der Wartefrist und dann nochmaliger Termin beim Arzt für Schwangere ziemlich mies werden, wenn sie auf dem Land wohnen und weite Wege in Kauf nehmen müssen, wenn sie dafür jedes Mal bei der Arbeit frei bekommen müssen, wenn sich das auf einmal über Wochen hinzieht. Ich kenne inzwischen einige Frauen, die aus diesen Gründen große Probleme hatten.

    Alle hatten sich ihre Gedanken auch schon lange gemacht, keine einzige hat das als Verhütungsmethode verwendet oder aus Spaß gemacht und der Weg zur Beratungsstelle war dann nur noch ein Hindernis, das es zu bewältigen galt.

  16. @Helga
    Naja, genau weil wir überall Eigenverantwortung relativ sehen gibt es soetwas wie einen Verbraucherschutz, eine Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, Widerrufsrechte für bestimmte Verträge, Aufklärungspflichten und Haftung bei Falschberatung. Ich meine, wir reden hier davon, dass man ein Zeitschriftenabo widerrufen darf, wenn man es an der Haustür abschließt (und man muss auf dieses Recht hingewiesen werden) und das ist wirklich harmlos. Ein Schwangerschaftsabbruch ist ja wohl sehr viel schwerwiegender und da soll es das plötzlich nicht mehr geben?

    Davon abgesehen halte ich meine Argumentation nur noch bedingt aufrecht. Zwar bin ich weiterhin der Ansicht, dass die Beratung keine schlechte Sache ist, aber mit Blick auf den gesetzlichen Zweck kann ich der Beratung nicht mehr viel abgewinnen. Für mich sieht das so aus, als wollte man sämtliche Verantwortung für die Wertung der Abtreibung der Frau aufbürden und das ist gesetzgeberische Feigheit. Wobei es mit Blick auf die grundsätzliche Rechtswidrigkeit der Abtreibung schon wieder konsequent ist.

  17. @Ben: Ich arbeite in diesem Bereich und aus meiner Erfahrung ist eine Zwangsberatung eben nicht das Setting in dem Frauen (zumindest nicht die, für die es wichtig wäre) Informationen einholen können. Viele Frauen kommen mit starken Ängsten zu uns. Sie denken sie müssten sich rechtfertigen, müssten ihre Lebensgeschichte ausbreiten um den Schein zu bekommen. In dieser Situation geht es nämlich erstmal nur um diesen. Natürlich kann man als Berater_in versuchen den Job so gut wie möglich zu machen und den Frauen ihre Ängste so schnell wie möglich zu nehmen. Und manchmal funktioniert es. Frauen (und auch Partner) können ihre Fragen loswerden (wenn sie welche haben), können über ihre Situation sprechen (wenn sie möchten) aber(!) ich denke das Frauen die sprechen möchten und Informationen brauchen auch ohne Zwang kämen. Und damit meine ich nicht nur hochgebildete Frauen und Mädchen, sondern alle. Wenn eine Frau wirklich Gesprächsbedarf hat kommt sie auch manchmal zwei, drei, viermal – und das vollkommen freiwillig.
    Zwangsberatung hat die problematischen Aspekte, dass viel Vertrauensaufbau notwendig ist um einer Frau den Raum zu geben wirklich über ihre Situation zu sprechen, wenn sie das überhaupt möchte und ausserdem sind Berater_innen in einer ziemlich machtvollen Position. Ich höre viel zu oft ziemlich gruselige Geschichten aus Beratungen.
    Beratung sollte in jedem Fall weiter angeboten werden aber eben auf freiwilliger Basis. Und ich denke auch das viele Frauen kämen, aber auch nur wenn sich in dieser Gesellschaft endlich etwas ändert und Schwangerschaftsabbrüche kein Tabu mehr sind.

    Jetzt zu der Kriminalisierung: In vielen Ländern gibt es eine Fristenlösung. Abbrüche sind innerhalb einer bestimmten Frist völlig legal, sowohl für Ärtzt_innen als auch für die Frauen. Nach dieser Frist gibt es straffreie Abbrüche, wenn eine bestimmte Indikation vorliegt. Eine ziemlich gute Lösung wie ich finde. In Deutschland ist das nicht so. Abbrüche sind hier niemals legal. Sie sind eben nur, unter bestimmten Vorraussetzungen, straffrei. Und selbst wenn das vielen nicht so auffällt oder manche sagen mögen, es wäre doch egal, hauptsache Abbrüche sind möglich, ist genau das die Grundlage für die Vulnerabilität von Frauen in dieser Situation. Und die Grundlage für Fundamentalisten Ärzte und Frauen anzugreifen und Beratungsstellen zu diffamieren.

    Und zuletzt, wie Helga schon gesagt hat, ist die Wartezeit ein Riesenproblem. Frauen die ohne diese 3 Tage innerhalb der Frist liegen würden, werden damit gezwungen z.B. in die Niederlande zu fahren, was oft mit wahnsinnig hohen Kosten verbunden ist. Wenn sie das nicht tragen können, wird ihnen die Entscheidung einfach vom Staat abgenommen. Danke §218.

    In diesem Sinne freue ich mich über jede_n die/der morgen kommt.

  18. Eine Aufklärung über mögliche Risiken, wie sie vor jeder OP erfolgen muss, ist immer noch etwas anderes als eine Schwangerenkonfliktberatung. Dabei kann es gut sein, dass der (Nicht-)Abschluss einer Versicherung das Leben deutlich beeinflußt, eine Abtreibung aber dafür sorgt, dass das Leben einfach so weitergeht, wie es bisher der Fall war. Viele Frauen entscheiden sich ja gerade dafür, weil sie nicht bereit sind, für ein Kind und die Veränderungen, die damit einhergehen.

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